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Tiger Woods auf der Suche nach Erfolg

Tiger WoodsTiger Woods auf der Suche nach Erfolg oder ist es gar die Suche nach dem Sinn des Lebens? Ein Profi-Golfer auf dem Scheideweg seiner Karriere. Zumindest scheint 2015 zum Schicksalsjahr für den ehemals besten Golfer der Welt zu werden. Viele kommentieren bereits, dass er besser seine Karriere beendet hätte. Viele Golfer schaffen den richtigen Absprung einfach nicht. Und die Liste ist lang. Überdeutlich und ebenso unerklärlich war der Verfall von David Duval, ebenfalls Weltranglistenerster und frischgebackener Open-Sieger. Doch vom Zeitpunkt seines größten Erfolges an war das Spiel wie weggeblasen. In zehn Jahren schaffte er bei 40 Majorturnier-Teilnahmen nur noch viermal den Cut, wenn er denn überhaupt spielberechtigt war. Eine Erklärung hat dafür bisher niemand gefunden. Ein anderes Beispiel für verlorenes Spielvermögen ist Michael Campbell. 2005 gewann er bei der US Open, interessanter Weise im Duell gegen Tiger Woods. Dieser Majortitel brachte ihn nicht nur in die Schlagzeilen, sondern auch völlig aus dem Konzept. Seither hat der Neuseeländer nichts mehr gerissen.

Aber zurück zu Tiger Woods. Nach peinlichen Auftritten Anfang 2015 bei den Turnieren in Scottsdale und Torrey Pines, wollte er erst in das Turniergeschehen eingreifen, wenn er wieder wettbewerbsfähig geworden ist. Es folgten schweißtreibende Wochen auf der Range, aber geändert hat sich wenig, wenn man sich den Auftritt bei der US Open anschaut.

Hoffnungsfroh gestartet mit einem wirklich guten Abschlag, holten ihn die Dämonen schon beim zweiten Schlag wieder ein. Statt mit dem Hügel vorm Grün zu spielen und den Ball hineinrollen zu lassen, steckte seiner im Rough mit Hanglage. Das erste Bogey war so die logische Konsequenz. Nach sechs Löchern lag er schon 4 über Par, konnte das bis zum elften Abschlag halten und spielte dann drei Bogeys und ein Triplebogey. Dass er dann doch noch ein Birdie schaffte, interessierte auch niemanden mehr, zumal auf der 18 noch ein Bogey folgte. Zehn über Par, also eine 80er Runde, sind das schlechteste Ergebnis des ehemals besten Golfer, das er je bei einer US-Open gespielt hat. Vor allem wirkte er nie so, als hätte er Kontrolle über seine Schläge. Das Leiden des Eldrick W. geht also weiter.


Auf der Suche nach Erklärungen

In den letzten Jahren wurde Tiger Woods immer wieder von Verletzungen zurück geworfen. Erst war es das Knie, zuletzt der Rücken. Tiger Woods war deswegen sogar unter dem Messer, bei Rückenverletzungen eine heftige Maßnahme, die das Ausmaß des Problems verdeutlicht. Inzwischen gibt es bereits Fachleute, die den Grund für diese Verletzungen ausgemacht haben: Der moderne Golfschwung soll schuld sein. "Das ist ein Rückenkiller", sagt Bio-Mechaniker und Golflehrer Dr. Jim Suttie. Laut einer Studie der "Amerikanischen Orthopädischen Gesellschaft für Sportmedizin" aus dem Jahr 2008 leiden 60 Prozent der Professionals und 40 Prozent der Golf-Amateure "dauerhaft unter traumatischen oder durch Überlastung bedingte Verletzungen". Spitzenreiter der Beschwerden-Hitliste: der untere Rücken, gefolgt von Ellbogen, Schulter und Handgelenk.

Von der Hand zu weisen ist das nicht. Tiger Woods hat jahrelang mit einer Brachialgewalt und unfassbarer Rotationsbeschleunigung auf den Ball eingedroschen. Das mag eine zeitlang gut gehen, auf Dauer aber sicher nicht. Aber anstatt seinen Schwung auf eine gesunde, körperschonende Weise umzustellen, gerät Woods in immer schlechtere Hände. Die wesentlichen Schwungfehler hat er immer noch nicht behoben.

Dabei hätte er schon früh an seinem Schwung zweifeln müssen, auch vor Jahren schon, als er noch die Golfszene wie kein anderer beherrscht hat. Keiner hat mehr Titel bei wichtigen Turnieren geholt. Aber auch damals hat er schon viele Fairways verfehlt. Er war nur jedesmal in der Lage, auch aus sehr schlechten Situationen noch das Beste herauszuholen. Und wenn das nicht gelang, lochte er eben aus zwanzig Metern seinen Putt. Er hatte damals noch den Killerinstinkt, den Siegeswillen, ein Selbstvertrauen, das man zum Siegen beim Golf einfach benötigt.

Seine private Misere und die Trennung von seiner Ehefrau machten aus dem Siegertypen von einst, zum ersten Mal einen Verlierer. Wie bei einem Boxer, der zum erten Mal k.o. geaschlagen wurde, sorgte dies für einen deutlichen Karriereknick und eine mental völlig veränderte Herangehensweise an den Sport. Ein Boxer ist nach einem Knockout vermehrt bemüht nicht, dies nicht wieder geschehen zu lassen. Für Tiger Woods war die Siegprogrammierung weg. Früher war da nie ein Gedanke an eine Niederlage. Bei jedem vierten Turnier ging er als Sieger vom Platz. 142 Turniere in Folge hat er den Cut geschafft. Man kann sich auch an Erfolg gewöhnen.

Mit der ersten Niederlage seines Lebens im privaten Bereich, wurde aus dem Übermenschen Woods ein ganz normaler Typ. Einer von uns eben - einer, der beim Golfen nicht alles abschütteln kann. Wenn dann noch die unausweichlichen körperlichen Probleme hinzukommen, wird es eben schwer, wieder in die Erfolgsspur zu finden.

Jetzt wäre es an der Zeit einen richtigen Schnitt zu machen. Aber dafür müsste er sich an seine Vergangenheit erinnern. Die Zeiten, als er von John Anselmo trainiert wurde, als sein Vater ihn mit zu Mike Austin genommen hat, um sich anzuschauen, wie man den Golfball richtig weit schlägt. In der Tat wäre die Schwungtechnik des Mike Austin die Lösung. Der hat mit 64 Jahren seinen Fabelweltrekord von 515 yards für den längsten Abschlag bei einem Profi-Turnier hingelegt. Noch mit 80 Jahren war Austin in der Lage 300 yards weit zu schlagen. Mit der modernen Golfschwungbewegung ist man spätestens mit 50 Jahren am Ende. Fragen Sie Fred Couples oder auch Bernhard Langer, die sich seit Jahren mit Rückenproblemen plagen.

Aber Tiger Woods setzt eher auf das, was der Soziologe und Psychotherapeut Paul Watzlawick als "mehr desselben" bezeichnet hat. Statt etwas völlig anderes auszuprobieren, verharrt man in alten Mustern und versucht durch Quantität die fehlende Qualität zu überspielen. Oft ein sinnloses Unterfangen. Im Fall Tiger Woods wird dies überdeutlich. Dabei müsste ein Spieler mit seinen Fähigkeiten und seiner immer noch vorhandenen Physis weit besser spielen können und vor allem mehr Kontrolle über sein Spiel haben.

Bei der US Open 2015 hat er seine Bälle links wie rechts gestreut. Als Krönung seiner verkorksten ersten Runde hat er dann auf der 18 einen Schlag mit dem Fairwayholz so dermaßen getoppt, dass der Ball nur noch jämmerlich über das Fairway in den nächsten Bunker rollte. Alle Experte, die das mit ansehen mussten, waren mehr als entsetzt und empfanden nur noch Mitleid.

Damit eröffnen sie für Tiger Woods das nächste Problem. Jetz aufhören geht gar nicht. Er hat bereits seinen Ruf derart geschadet, dass von einer glanzvollen Karriere nicht mehr viel übrig bleiben würde, wenn er jetzt sein Karriereende bekannt geben würde. Er ist also zum Erfolg verdammt. Wenigstens ein großes Turnier muss er noch gewinnen. Bei Boxern galt lange die Regel "They never come back", bis einige Große des Sports dies widerlegten. Der Golfsport wartet noch auf ein solches Comeback. Die Golfwelt wartet auf Tiger Woods.

Bilder von den Schlägen bei der US Open 2015 (YouTube)

Woods puts on another futility clinic (Artikel bei Golfchannel.com)


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